Wie kann eine sozial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche und ökologisch verträgliche gesellschaftliche Entwicklung so gestaltet werden, dass alle Menschen – sowohl gegenwärtig als auch zukünftig lebende Generationen – ein gutes Leben führen können? Diese grundlegende Frage nachhaltiger Entwicklung geht uns alle an, als Individuen und als Gesellschaft.
Aus dieser Frage erwächst eine wichtige Bildungs- und Erziehungsaufgabe: Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). BNE hat die Aufgabe, uns angesichts der komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen. Insbesondere unsere Schulen sind im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages (→1) dazu aufgefordert, Kindern und Jugendlichen in Unterricht, in schulischen Projekten und im Schulalltag den Erwerb, den Ausbau und die Anwendung der dafür notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen zu ermöglichen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung in Nordrhein-Westfalen
BNE-Lernprozesse zielen auf den fachlichen und überfachlichen Aufbau von Wissen und die Entwicklung von Fähigkeiten ab, die es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihre mögliche Rolle in einer Welt komplexer Herausforderungen zu reflektieren, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, eigene Handlungsspielräume für einen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Wandel zu erkennen und sich trotz Widersprüchen, Unsicherheiten und Zielkonflikten aktiv und kreativ an Aushandlungs- und Gestaltungsprozessen für eine nachhaltige Entwicklung zu beteiligen. Schule leistet zum Aufbau von Wissen und zur Entwicklung von Fähigkeiten einen wichtigen Beitrag.
Die vorliegende Leitlinie zielt darauf, in Nordrhein-Westfalen BNE an allen Schulen systematisch in den fachbezogenen Unterricht, in das fächerübergreifende Lernen, in Projekte sowie allgemein in den Schulalltag einzubinden. Dabei soll BNE nicht als Additum, sondern als ein integraler Bestandteil einer umfassenden schulischen Bildung verstanden werden. Die anspruchsvolle Aufgabe von BNE kann weder durch Delegation an ein einziges Fach noch durch die Einführung eines neuen Schulfachs ‚BNE‘ bewältigt werden.
In der Leitlinie wird erläutert, wie BNE vor allem zu einem fachlich fundierten und zugleich lebensweltnahen und motivierenden Unterricht beitragen kann. Dazu setzt die Leitlinie am Kern des Schulgeschehens an – dem Fachunterricht – und arbeitet Leitgedanken, Merkmale und Zielsetzungen von BNE-Lernprozessen sowie Potenziale für verschiedene BNE-affine Fächer heraus. Der Fachunterricht bietet schon jetzt vielfältige Möglichkeiten für Lernprozesse im Sinne von BNE. Daher ist es naheliegend, BNE in den bestehenden Unterrichtsfächern zu stärken.
Dabei sollte auch fachübergreifendes und fächerverbindendes Lernen verstärkt Berücksichtigung finden. Auch die Schulen selbst können zu Lernorten für BNE werden, indem sie ihren Schulalltag einbeziehen und sich auf den Weg zu nachhaltig handelnden Einrichtungen machen.
Anknüpfung an bestehende Praxis
BNE in Nordrhein-Westfalen hat bereits eine lange Tradition. BNE ist vielerorts im Unterricht, in Projekten, im Schulleben und in Kooperationen mit außerschulischen Partnern verankert. In den bisherigen Kernlehrplänen des Landes zeigen sich bereits vielfältige Anknüpfungspunkte. Insofern schafft diese Leitlinie kein neues Arbeitsfeld für Schulen, sondern gibt eine Orientierung für die Sicherung fachlicher Qualität eines an Zielen von BNE ausgerichteten Unterrichts.
Die Leitlinie richtet sich besonders an schulische Akteure und die interessierte Öffentlichkeit, die mit ihr eine Orientierung für Bildungsprozesse in der Schule und für BNE im Allgemeinen erhalten. Welche fachlichen und pädagogischen Schwerpunkte die Schulen für ihre Schülerschaft auswählen, wird mit der Leitlinie nicht vorgegeben. Vielmehr unterstützt sie Lehrerinnen und Lehrer bei der konkreten Verankerung von BNE in schulinternen Lehrplänen – ausgerichtet an den Bedarfen der jeweiligen Schulgemeinde vor Ort.
Angesprochen werden zudem Personen, die in der Fort- und Weiterbildung tätig sind, außerschulische Bildungsakteure, die viele Schulen bereits jetzt begleiten, und nicht zuletzt Schulträger, welche innerhalb ihres Aufgabenbereichs die Rahmenbedingungen von BNE in Schulen verbessern können.
Darüber hinaus soll die Leitlinie eine Orientierung für die zukünftige Entwicklung und Überarbeitung von Lehrplänen und ggf. Richtlinien, den Referenzrahmen Schulqualität NRW oder die Lehrkräfteausbildung in Hochschulen und Schulpraktischen Zentren anbieten.
Die Leitlinie …
- führt in die Bedeutung von BNE im (inter-)nationalen Kontext ein, | Kapitel 1
- erläutert das kompetenzorientierte BNE-Verständnis in Nordrhein-Westfalen und benennt Leitgedanken, Merkmale und Zielsetzungen von BNE, | Kapitel 2
- zeigt Beiträge und Chancen durch BNE für affine Fächer auf, | Kapitel 3
- erläutert Möglichkeiten der Schulentwicklung mit Hilfe von BNE und verweist auf die Chancen für Kommunen im Kontext von BNE. | Kapitel 4