Kapitel 4 | Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schulentwicklung


Bildung für nachhaltige Entwicklung betrifft nicht nur die schulintern notwendige Entwicklungsarbeit in Bezug auf die Unterrichtsfächer, sondern berührt darüber hinaus auch weitere Felder der Schulentwicklung. Das folgende Kapitel beschreibt die Möglichkeiten, BNE im Schulleben zu integrieren und dieses Bildungskonzept auch als Leitfaden zum schulischen Management bzw. zur Qualitätsentwicklung zu nutzen.

4.1: BNE am Lernort Schule

Ziele von BNE können noch besser erreicht werden, wenn der fachliche Unterricht eingebettet ist in eine Lernumgebung, in eine Schule, die sich als Institution an Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung orientiert. Dementsprechend verändern immer mehr Schulen nicht nur den Unterricht, sondern nach und nach das Schulleben in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung, zum Beispiel im Rahmen der nordrhein-westfälischen Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“(→87).

Der Lernort Schule kann also auch als Handlungsfeld für nachhaltige Entwicklung verstanden und von den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren (Schulleitung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern, Sekretariat und Hausmeister/-in, Schulträger etc.) im Rahmen der vorgesehenen Möglichkeiten eigenverantwortlich gestaltet werden. Anlässe hierfür können beispielsweise die Schulverpflegung, der Schulkiosk, das Schulgebäude, ggfs. der Schulgarten bzw. das Schulgelände sein. Aufgaben des schulischen Managements (zum Beispiel Beschaffung, Organisation von Diensten, Abfall- und Energieeinsparung, Mittagsverpflegung etc.) können hierbei in den Blick genommen werden. Weitere Möglichkeiten bieten nachhaltige Schülerfirmen, unter anderem durch den Verkauf von Pausensnacks oder umweltfreundlichem Büromaterial, Catering bei Veranstaltungen, Fahrradreparaturwerkstatt, Energieberatung für Haushalte. Vielfältige Lernchancen, Mitwirkungsmöglichkeiten für die Schulgemeinde und Erfahrungen von Selbstwirksamkeit schafft auch die naturnahe Gestaltung des eigenen Schulgeländes.

Es können auch Aktivitäten im Schulleben mit fachunterrichtlicher Bearbeitung verknüpft werden, indem Schülerinnen und Schüler beispielsweise ein Energiespar-Konzept für die Jahrgangsstufe oder die Schule im Fachunterricht entwickeln, die Aufgaben von Energiewächtern übernehmen und die Wirksamkeit vereinbarter Maßnahmen im Schulgebäude überprüfen, oder sich mit dem Thema Artenschutz im Biologieunterricht auseinandersetzen und als Klassengemeinschaft eine Patenschaft für ein Waldstück oder einen Gewässerabschnitt übernehmen. Nordrhein-westfälische Schulen weisen eine Vielzahl solcher mit Fachunterricht verknüpfter Projekte auf, welche zum Engagement, zu sozialer Gestaltung und Mitverantwortung anregen. Sie bieten Aktions- und Freiräume für Kinder und Jugendliche, die ihnen  Kompetenzzuwachs und Selbstwirksamkeitserfahrung durch selbst gestaltete und erlebte Praxis und Anerkennung ihrer Leistungen in weiteren Kontexten außerhalb der Schule ermöglichen können.(→88)

Gerade in solchen mit Fachunterricht verbundenen Projekten kann Expertise von außen, durch außerschulische Kooperationspartner, ein weiteres Element der Qualitätssteigerung sein, wenn Schulen sich zur örtlichen und regionalen Umgebung öffnen, Bildungspartnerschaften eingehen und/oder sich in Netzwerken im Quartier, in der Kommune und darüber hinaus zusammenschließen, sich austauschen und Erfahrungen weitergeben. Schülergruppen aus nordrhein-westfälischen Schulen sind unter anderem in Verkehrs- oder Stadtplanungsprozessen in Kommunen engagiert, arbeiten in gemeinsamen Projekten mit Wirtschafsunternehmen oder pflegen Schulpatenschaften bzw. Schüleraustausch in Europa oder in Übersee. Aspekte nachhaltiger Entwicklung werden gerade auch in solchen Kontexten immer wichtiger.

Die NRW-Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“(→89) vereint die Schulen aller Schulformen aus Nordrhein-Westfalen und außerschulische  Bildungspartnerinnen und -partner, die ausdrücklich BNE in den Unterricht, die Schulentwicklung und den Schulalltag integrieren. Weitere überregionale Kampagnen und Wettbewerbe bieten ebenfalls Anknüpfungspunkte wie das Netzwerk der „Fairtrade-Schools“, die Kampagne „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“, „Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie“, die UNESCO-Projektschulen, die Europaschulen, die „Schülergenossenschaften NRW – nachhaltig wirtschaften, solidarisch handeln“, die Nationalparkschulen Eifel und die Verbraucherschulen in Nordrhein-Westfalen. Diese Zusammenschlüsse bieten fachlichen Input, gemeinsame Zielsetzungen, Austausch, Auszeichnungen und größere öffentliche Wirkung für die vertretenen Anliegen.

4.2: Leitbild und Schulprogramm

Unterrichtsentwicklung und Gestaltung des Schullebens sind Bestandteile von Schulentwicklung. Schulprogramme können dabei als ein wichtiges Steuerungsinstrument fungieren und zur systematischen Schulentwicklung und Qualitätsverbesserung an Schulen beitragen(→90): Die Orientierung am Konzept der BNE kann Anregungen geben für die Entwicklung von Leitbildern, die Formulierung schulischer Entwicklungsziele sowie bei der Arbeits- und Fortbildungsplanung.

Im Rahmen eines solchen Prozesses können auch Synergien genutzt werden, die sich im Rahmen der im Schulgesetz formulierten allgemeinen Bildungs- und Erziehungsaufgaben bzw. anderer überfachlicher Bildungskonzepte ergeben: BNE ist anschlussfähig an etliche Aspekte des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule, wie er in § 2 (2) und (6) des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes verankert ist, beispielsweise jenen der inklusiven Bildung, der Demokratiepädagogik oder der Medienbildung.

4.3: BNE als Chance für die Kommune

Ein kommunales Engagement für eine nachhaltigen Entwicklung kann sich unter anderem darin zeigen, dass sich Kommunalpolitik bzw. -verwaltung, Schulen und weitere Akteure wie Unternehmen und Vereine aktiv im Gemeinwesen engagieren, beispielsweise bei der Entwicklung einer lokalen Strategie für eine nachhaltige Entwicklung oder aber bei der Planung und Umsetzung konkreter Vorhaben, etwa bei der Quartiers- oder Stadtplanung, und diese Aktivitäten in den Fachunterricht,  fächerübergreifende Vorhaben bzw. das Schulleben einbinden(→91). Kommunen nutzen inzwischen den Mehrwert, der aus Partizipationsprozessen, welche die Bürgerschaft einbindet, für die Stadtentwicklung entsteht. Kinder- und Jugendparlamente werden eingerichtet, Schulgemeinden inklusive ihrer Schülerschaft bei Sanierung und Neubau von Schulen involviert, Kinder und Jugendliche können bei Stadtteilentwicklungsprojekten mitreden und entwerfen Spielplätze und sichere Fahrradwege rund um ihre Schule. Kommunen richten außerschulische Lernorte ein und kümmern sich in den regionalen Bildungsnetzwerken und den Bildungskonferenzen um die Steigerung der Qualität von Bildung in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für BNE wird ein solches Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure in einer Verantwortungsgemeinschaft angeregt und dazu aufgerufen, BNE zu einem Bestandteil kommunaler bildungspolitischer Ziele sowie schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit zu machen. Die Entwicklung von Schulen zu nachhaltigeren Einrichtungen sowie die demokratische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Schule und Kommune sind weitere wichtige Anliegen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans BNE.

Kommunen können BNE stärken, indem sie den Aufbau und die Weiterentwicklung lokaler und regionaler Bildungslandschaften und Netzwerke fördern, in denen verschiedene kommunale Organisationen, Vereine und Akteure gemeinsam Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung anstoßen.(→92) Einzelne Schulen können sich mit ihren spezifischen Bildungsaktivitäten, Kooperationen oder auch schuleigenen Konzepten einbringen. Auf diese Weise können partizipative Gestaltungs- und Entscheidungsräume stärker genutzt und weiterentwickelt werden, beispielsweise bei Fragen zur Schulverpflegung, zur schulischen Mobilität oder zur Gestaltung von Schulwegen und Schulgebäuden. Zudem können Kommunen und relevante Netzwerke prüfen, inwieweit sie Schülerinnen und Schülern und deren Gremien die Einbindung in kommunale Prozesse ermöglichen.