Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) macht Kinder stark für die Zukunft – das geht aber nur gemeinsam mit den Eltern. Wie sie sich bei Nachhaltigkeitsprojekten mit einbeziehen lassen, zeigt die Städtische Fabido-Kindertagesstätte Bornstraße in Dortmund. Fast alle Kinder haben einen Migrationshintergrund, 85 Prozent der Kinder kommen aus einkommensschwachen Familien und bei ebenso vielen gibt es Sprachbarrieren bei der Kommunikation mit den Eltern.
Faire Produkte aus dem Discounter
Im Alltag der Einrichtung spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. „Bei unseren Müllsammelaktionen im Umfeld der Kita stellen wir immer wieder fest, wie aufmerksam die Kinder sind und dass sie auch erwachsene Passanten direkt ansprechen, wenn diese einfach Müll auf den Boden werfen“, erzählt die Kita-Leiterin.
Das Team achtet gemeinsam mit den Kindern darauf, Verpackungsmüll und Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Wenn die pädagogischen Fachkräfte mit den Kindern einkaufen gehen, zeigen sie ihnen regionale und fair gehandelte Produkte – so sehen die Kinder, dass es nachhaltige Waren auch beim Discounter gibt.
Kinder lernen dadurch, welche Handlungsmöglichkeiten sie selbst haben, um das Klima zu schützen. Sie erzählen ihren Eltern davon und teilen ihre Erfahrungen aus der Kita mit ihren Familien. Dieses Vorleben über Sprachbarrieren hinweg sei besonders effektiv, wenn es darum gehe, Menschen für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, sagt Heike Klumbies.
Einkaufstaschen aus alten T-Shirts
Mit kleinen Aktionen beziehen die Kinder ihr soziales Umfeld mit ein, wenn sie sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Aus alten, mitgebrachten T-Shirts haben sie Einkaufstaschen genäht und diese an die Eltern und Nachbarn verschenkt – zusammen mit einem Infozettel, warum es besser ist, keine Plastiktüten zu verwenden.
Bei Kita-Veranstaltungen gibt es fair gehandelten Tee und Kakao mit entsprechenden Siegeln. Für viele Eltern ist es das erste Mal, dass sie sich mit deren Bedeutung auseinandersetzen. Aushänge und Informationsplakate laden zu Gesprächen ein, was Produkte, die fair und nachhaltig produziert sind, zum Klima- und Ressourcenschutz beitragen, und wie man sie erkennt.
Besonders gut kommen die Seifen an, die die Kinder aus gesammelten Kastanien hergestellt haben. Bei Färberworkshops der Initiative Sevengardens (siehe Infokasten) lernen die Kita-Kinder nicht nur selbst viel über das Färben mit Pflanzen, sondern geben ihr Wissen auch an Kinder in anderen Einrichtungen weiter.
In Zukunft soll das Angebot in die Nachbarschaft hinein erweitert werden. Geplant sind unter anderem eine offene Vorlese- und Bücherbank. Platz dafür bietet ein etwa 150 Quadratmeter großes Gartengrundstück, das die Kita (ohne eigenes Außengelände) in wenigen Gehminuten Entfernung gemietet hat. Dort finden sich Hochbeete mit verschiedenen Gemüsesorten, eine Bienenwiese und Färberpflanzen. Beim gemeinsamen Gärtnern lernen Kinder, Eltern und Nachbarn mit- und voneinander.
Neuer Raum für Kurse und Repaircafés
In den kommenden Monaten will die Kita in einem gemieteten Raum im Haus gegenüber der Einrichtung einen weiteren Ort für den offenen Austausch einrichten. Stattfinden sollen dort die Färberworkshops von Sevengardens, aber auch Veranstaltungen zu Nachhaltigkeitsthemen, die den Eltern wichtig sind. Bei Repaircafés oder in Kursen können sie ihre Expertise weitergeben, wenn es zum Beispiel darum geht, fachgerecht löchrige Hosen zu stopfen oder defektes Spielzeug zu reparieren.
Finanziert wird der zusätzliche Raum durch den als Fairer Betrieb ausgezeichneten Träger Fabido. Die Einrichtungskosten deckt das Preisgeld des Deutschen Kita Preises, den die Kita 2019 für das Netzwerk INFamilie Hannibal- und Brunnenstraßenviertel erhielt. In diesem Netzwerk engagieren sich zahlreiche Institutionen und Akteure, um gemeinsam vielseitige und innovative Förderangebote anzubieten.
Natürlich sei es für Angebote zu Bildung für eine nachhaltige Entwicklung wichtig, dass die Finanzierung, die Personalsituation und genug Platz vorhanden seien, sagt Kita-Leiterin Heike Klumbies. Etwas Anderes sei aber ebenso wichtig: „Es braucht auch eine eigene Haltung und den Elan, dranzubleiben.“



Die Netzwerkinitiative Sevengardens von atavus e.V.
- bietet Kindergärten und Schulen die Möglichkeit, angeleitet Färbergarten anzulegen und daraus nach alten Rezepten pflanzliche Farben zu gewinnen,
- ermöglicht es Kindern, dabei Wissen zu Wirkung, Nutzen und Ökologie von Pflanzen zu sammeln,
- erklärt die Gartenarbeit durch Zeigen und Nachahmen, sodass die verbale Sprache eine untergeordnete Rolle spielt,
- lädt Kinder ein, ihr Wissen in selbst geleiteten Färberworkshops weiterzugeben,
- zeigt, wie Färbergärten als Wasserspeicher, CO2-Speicher und Saatgut-Sammlung dienen und was naturnahe Bewirtschaftung und symbiotische Perma-Kulturen bei Klimaveränderungen bringen, und ist deshalb als Strukturschaffende Maßnahme für BNE ausgezeichnet,
- schafft einen globalen Bezug.