Im Gespräch mit Andrea Dennissen, Fachberaterin bei FABIDO, dem Kita-Träger der Stadt Dortmund
FABIDO ist inzwischen als „Fairer Betrieb“ ausgezeichnet und hat Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in allen 98 städtischen Kindertageseinrichtungen fest verankert. Wie hat dieser Prozess begonnen?
Es fing damit an, dass die Stadt Dortmund Teil der „Fairen Metropole Ruhr“ geworden ist. Wir sind ein städtischer Eigenbetrieb, deswegen haben wir uns daraufhin intensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Gerade für uns ist das ein wichtiges Thema: Wir wollen Kinder für die Zukunft erziehen und bilden, wir wollen ihre Kompetenzen fördern. Deshalb sehen wir es als unsere Verantwortung an, BNE aufzugreifen – auch weil das zu unserer Haltung und unseren Werten passt. Als Träger sind uns vor allem ökologische und soziale Aspekte wichtig. Und letztendlich ist es auch unser gesetzlicher Auftrag, den die Bildungsgrundsätze in NRW vorgeben.
Was hat sich bewährt, um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten?
Wir haben Verbindlichkeit geschaffen. Nehmen wir das Beispiel die Auszeichnung „FaireKITA“ – hier haben wir als Träger beschlossen, dass sich alle unsere Einrichtungen daran beteiligen müssen. Das war kein Prozess, der aus den Kitas heraus entstanden ist. Deshalb gab es zunächst Widerstände: Manche Fachkräfte sorgten sich, dass die zusätzliche Arbeitsbelastung zu groß wird. Andere fragten sich, was sich beim Catering ändern kann. Wieder andere äußerten Bedenken, wie viel Aussagekraft Nachhaltigkeitssiegel wie FairTrade überhaupt haben.
Wir haben mit den Kitas darüber gesprochen und ihnen Unterstützung angeboten. Ich stand als Ansprechperson zur Verfügung, zusätzlich haben wir Fortbildungen organisiert. Wir haben dabei viel mit Partnern zusammengearbeitet, damit unsere pädagogischen Fachkräfte erfahren, was sich hinter den Konzepten Globales Lernen und BNE verbirgt.
Wir haben zum Beispiel mit dem Dortmunder Kindermuseum „mondo mio!“ kooperiert, das verschiedene Nachhaltigkeitsthemen aufgreift, indem es den Alltag von Kindern in anderen Teilen der Welt zeigt. An interaktiven Spielstationen geht es zum Beispiel um den Umgang mit Ressourcen, unser Konsumverhalten und unsere Energienutzung. Die Kinder besuchen gemeinsam mit den Fachkräften solche Lernorte und können so handlungsorientiert mit Nachhaltigkeitsfragen auseinandersetzen. Außerdem haben wir Referentinnen und Referenten aus verschiedenen Projekten wie „Klimakönner“ oder „Weltentdecker“ eingeladen. Zum Thema Ressourcenschutz haben wir eine Kooperation mit dem lokalen Entsorgungsbetrieb in Dortmund vereinbart.
Zusätzlich haben Sie sich mit den Kita-Teams in Arbeitskreisen und Qualitätszirkeln getroffen. Worum ging es dort?
In den Arbeitskreisen haben wir darüber diskutiert, wie sich die Fortbildungsinhalte in die Praxis umsetzen lassen. Da gibt es viele Ansätze, zum Beispiel Wassersparen, Müllvermeidung, Upcycling oder die Anpassung der Speisepläne an mehr klimafreundliche und biologische Lebensmittel.
Gemeinsam haben wir erste Schritte hin zu einer nachhaltigeren Kita entworfen und Bildungsprojekte zu Themen wie Ernährung oder Gärtnern erarbeitet. Viele Kitas hatten auch eigene Ideen für BNE-Projekte, bei denen sie Hochbeete angelegt, Regentonnen aufgestellt oder Bücherrucksäcke zum Thema zusammengestellt haben. Diese Ideen haben wir als Träger finanziell unterstützt.
Was ändert sich denn durch die Nachhaltigkeitsperspektive?
Vielen Einrichtungen fällt es leicht, das Thema Mülltrennung aufzugreifen. Unsere Aufgabe war es, den Blick zu weiten und zu überlegen, was Mülltrennen mit BNE zu tun hat und wie das Thema über die reine Mülltrennung hinausgehen kann. Man kann zum Beispiel mit Kindern überlegen, wo der Müll landet, was das für die Verschmutzung der Meere bedeutet, was das mit unserem Konsum zu tun hat…
Jetzt sind wir sogar Fairer Betrieb. Indem wir unser Engagement zeigen, können wir viele Menschen erreichen und motivieren, sich auf den Weg zu machen. Wir sind aktuell für 98 Kitas zuständig und betreuen über 8.500 Kinder.
Auch in unserem Innendienst mit etwa 100 Kolleginnen und Kollegen haben wir geprüft, wie wir nachhaltiger handeln können. Die zentrale Frage war, wie wir als gesamter Betrieb fairer beschaffen können. Dafür haben wir eine Steuerungsgruppe gegründet mit einer Fachbeauftragten für Ernährung, einer Küchenleitung, der Beschaffung, der Öffentlichkeitsarbeit, einer Kita-Leitung, dem Personalrat und mir als Fachberatung. Wir sind noch mitten in einem laufenden Prozess. Beispielsweise prüfen wir unsere Rahmenverträge für Lebensmittel, denn wir möchten den bisherigen Bioanteil von 28 bis 30 Prozent noch steigern.
Außerdem haben wir Positionspapiere entwickelt, in denen wir den Trägerstandard definieren. Aufbauend darauf haben wir Fragen zur Selbstevaluation für die Kitaarbeit entwickelt, die dann jährlich im Rahmen eines Konzeptionstages durch die Kitas geprüft werden. So wird dann sichtbar, wo die einzelnen Einrichtungen stehen und sie können die nächste Schritte planen. Das betrifft natürlich auch uns im Innendienst.
Sie haben schon viel bewegt. Was planen sie noch?
Einige Prozesse sind ja noch nicht abgeschlossen, zum Beispiel die nachhaltige Beschaffung. Aber wir haben auch noch weitere Ideen und wollen uns ständig weiterentwickeln. Gerade arbeiten wir daran, mit der Projektstelle „Faire Kita NRW“ eine Kita-Partnerschaft mit Namibia aufzubauen. Die Idee ist, dass die Kinder und Fachkräfte sich digital oder in Briefen austauschen können – über ihre Lieblingspflanzen, ihre Spielzeuge… Für die Kinder ist das eine großartige Gelegenheit, um über den Tellerrand zu schauen und die Kita-Teams können sich auf Augenhöhe begegnen und voneinander lernen.


