Im Gespräch mit Prof. Dr. Sonja Damen, Professorin im Studiengang B. A. Kindheitspädagogik an der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf
Welche Rolle spielt Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) im Studium Kindheitspädagogik an der Fliedner Fachhochschule?
BNE findet sich im Lehrplan des B.A. Kindheitspädagogik in zwei Modulen: im Grundlagenmodul „Mathematisch-Naturwissenschaftliche Bildung“ und im Vertiefungsmodul „Bildungsprozesse konzipieren, gestalten, reflektieren und evaluieren“.
Im Grundlagenmodul lernen alle Studierenden BNE als pädagogisches Handlungsfeld kennen und erfahren, wie sie damit Bildungsarbeit gestalten können. Sie beschäftigen sich mit aktuellen BNE-Projekten und Best-Practice-Beispielen, bildungspolitischen Strategien, Forschungsergebnissen und pädagogischen Grundorientierungen. Die Studierenden recherchieren selbst und gewinnen so einen Überblick, wo die fachwissenschaftliche Diskussion zur pädagogischen Implementierung von BNE im Elementarbereich aktuell steht.
Im Vertiefungsmodul erarbeiten und erproben die Studierenden pädagogische Handlungsstrategien, um kindliche Bildungsprozesse zu stärken. Die Studierenden wählen Themen, wie z.B. Ernährung, Klimawandel, Konsum, etc. aus und entwickeln Ideen zur Gestaltung von Bildungsprozessen. Dabei erarbeiten sie sich das Konzept BNE als Querschnittsthema.
Im Zentrum steht die Frage, wie sie individuelle Bildungsprozesse bei Kindern in pädagogischen Einrichtungen initiieren, begleiten, reflektieren und erforschen können. Selbst durchgeführte Praxisprojekte bilden die Grundlage, um die Module anwendungsbezogen zu gestalten. In Kooperation mit den Praxiseinrichtungen entwickeln, erproben und evaluieren die Studierenden pädagogische Bildungsimpulse z.B. zum Thema Natur und Umwelt: Im Rahmen des 1-qm-Projekt suchen die Studierenden zusammen mit Kindern sich eine beliebige Quadratmeterfläche aus und untersuchen den abgesteckten Raum. Die dort gefundenen Fundstücke ordnen, bestimmen sie und setzen sie zueinander in Beziehung. Dadurch entstehen bei den Kindern Fragen, die aus der Situation und dem untersuchten Ort direkt etwas mit der Natur, der Umwelt und ihrer Person zu tun haben. Sehr schnell greifen Kinder Gegenstände heraus, die nicht in die Natur gehören und entwickeln Ideen, wie diese Gegenstände an diesen Ort gekommen sind könnten. Über dieses Nachdenken entstehen Vorstellungen und Ideen, wie zukünftig vermieden werden kann, dass die Natur durch z.B. Müll verschmutzt wird. Die Studierenden begleiten diese kindlichen Erkundungsprozesse dialogisch und dokumentieren die Fragen und Ideen der Kinder.
Über den B.A.-Studiengang
- Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, gegründet 2011
- Seit 2011 besteht der B.A. Kindheitspädagogik, seit 2017 mit der thematischen Erweiterung um den Bildungsbereich Mathematisch-Naturwissenschaftliche Bildung
- Im Studiengang B.A. Kindheitspädagogik studieren zurzeit ca. 250 Studierende in Vollzeit, Teilzeit oder im dualen Studium
- Im Rahmen des Dualstudiums bestehen mehr als 60 Kooperationen zur pädagogischen Kita-Praxis, OGS und weiteren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe
Wie setzten sich die Studierenden dabei mit ihrer Rolle als Bildungs- und LernbegleiterInnen zu BNE auseinander?
Im Modul „Bildungsprozesse konzipieren, gestalten, reflektieren und evaluieren“ erwerben die Studierenden die Kompetenz, ihre eigene Haltung und Handlungsweisen im Umgang mit Kindern und den Bildungsthemen und -konzepten, wie z.B. BNE, im Kontext des Theorie-Praxis-Transfer kritisch zu reflektieren und fachpraktisch und fachwissenschaftlich auszuwerten. Im 1-qm-Projekt gewinnen die Studierenden die Erkenntnis, welche Bedeutung der situationsbezogene Ansatz für die pädagogische Gestaltung von Bildungsprozessen für Kinder hat und wie es gelingen kann, dass Kinder durch die eigene Beteiligung an Themen nicht nur Wissen aufbauen, sondern sich für Themen jetzt und zukünftig engagieren.
Über Prüfungsleistungen (z.B. Referate, Hausarbeiten) vertiefen sie ihr Grundlagenwissen und erarbeiten pädagogische Handlungskonzepte. Im gemeinsamen Diskurs diskutieren und reflektieren sie ihre Vorstellungen zur eigenen Rolle als Bildungsbegleiterin oder Bildungsbegleiter.
Indem sich die Studierenden an BNE-Fachtagungen beteiligen, knüpfen sie auch außerhalb des Seminars an fachwissenschaftliche Diskurse an, zum Beispiel im Rahmen von Kooperationen mit BNE-Projekten wie dem Klima-Kita-Netzwerk. Diese Vernetzung zwischen Theorie und Praxis bietet den Studierenden die Möglichkeit, ein Professionsverständnisses zu entwickeln, wie sich BNE im Elementarbereich umsetzen und etablieren lässt.
Wie gut gelingt das bisher?
Durch die bestehenden Kooperationen mit der Kita-Praxis bringen die Studierenden bereits Eindrücke und Ideen aus der Fachpraxis mit. An der Hochschule treffen Studierende aufeinander, die unterschiedliche pädagogische Konzeptionen kennengelernt haben: Studierende, die in einer Bauernhof-Kita integriert sind, haben andere Erfahrungen mit dem Konzept BNE als Studierende in einer Wald-Kita oder einer städtischen Kita mit offenem Konzept.
Der Austausch öffnet den Horizont für vielfältige Möglichkeiten, Bildungsarbeit zu gestalten. Besonders über Praxisbegleitseminare initiiert die Hochschule die Auseinandersetzung zwischen Theorie und Praxis und begleitet Studierende, einen fachlichen Impuls für die eigene Arbeit mit Kindern zu entwickeln, angereichert durch den fachlichen Dialog mit Dozierenden der Vertiefungsseminare. Kooperationen mit Projekten wie dem Klima-Kita-Netzwerk erweitern diesen Ideenpool und regen dazu an, eigene BNE-Handlungsstrategien zu erproben. So wird die enge Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Kita durch die Impulse der Studierenden am Laufen gehalten. Lehrforschungsprojekte bieten darüber hinaus eine enge Anknüpfung an spezielle Fragestellungen der Kita-Praxis, die durch den fachwissenschaftlichen und fachpraktischen Diskurs in beratender Projektform über einen längeren Zeitraum begleitet werden können.
Wie ist BNE in der gesamten Hochschule verankert?
Für die gesamte Hochschule gibt es erste Ansätze, das Thema Nachhaltigkeit verstärkt in den Blick zu nehmen. Im Kollegium wurden und werden Ideen und Strategien entwickelt und diskutiert, die Hochschule z.B. im Verbrauch von Ressourcen zu verbessern. So können Studierenden jetzt schon Texte in der Bibliothek einscannen oder vermehrt auf E-Books zugreifen, anstatt Papier durch Kopien zu verbrauchen. Den Studierenden und Mitarbeitenden werden Wasser und Heißgetränke zum Abzapfen in Gläser und Tassen angeboten, so dass Flaschen und Einwegbecher nicht benötigt werden. Aktuell wird diskutiert, wie das Thema Achtsamkeit an der Hochschule in allen Bereichen etabliert werden kann. Über den Senat wurden bereits Gespräche angestoßen, Beauftragte für das Thema Nachhaltigkeit einzurichten.


